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Wotsäpplä, Inschtagrämmlä und Tiktöcklä?

  • thomasvonriedt
  • 11. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 14. Apr.


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Dass sich die Sprache mit jeder Generation verändert, ist völlig normal. Doch dass Produkt- oder Firmennamen zu Verben umfunktioniert werden, ist bemerkenswert – und den Vermarktungsspezialisten der betreffenden Unternehmen gebührt ein Lob. Ob der exzessive Gebrauch der Apps sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Das darf jeder für sich selbst entscheiden.


Einst wollte Captain Kirk sich zum Raumschiff Enterprise hochbeamen lassen und hielt dabei ein kleines Gerät in der Hand. Ein paar Jahre später leisteten sich zunächst Handelsreisende das aufklappbare Motorola-Telefon und nutzten dazu einen Personal Digital Assistant (PDA), um ihre Abschlüsse zu notieren. Der PDA entwickelte sich weiter zum Palm Top, und irgendwann Anfang der 90er-Jahre kam das erste Smartphone namens Treo auf den Markt.


Dann brachen alle Dämme. Jedes Jahr wurden die Nutzer – mittlerweile auch Otto Normalverbraucher – dazu verführt, sich eines der heiß begehrten Geräte zuzulegen. Entscheidend war nicht mehr, was es konnte, sondern wie viel es kostete, wie es aussah und welche Marke es trug. Erst dann war man „hip“. Die Welt teilte sich in Apple-, Blackberry- und Samsung-Jünger – wobei Blackberry bald die Luft ausging.


Stand Frühjahr 2025 erweist sich der Markt, zumindest der schweizerische, als anspruchsvoller Tummelplatz für Marktführer iPhone und seinen härtesten Herausforderer Samsung. Einige chinesische Hersteller punkten mit guter Leistung zu sehr tiefen Preisen.


Das auf dem Markt wohl günstigste Modell für Otto Normalverbraucher dürfte das INOI A14 sein – erstaunlich, was der Käufer für gerade einmal 80 Franken geboten erhält.

Da fragt man sich: Ist es wirklich notwendig, fast vierstellige Summen auszugeben, nur um zu wotsäpplä, inschtagrämmlä oder tiktöcklä? Muss es unbedingt ein Pro-Modell sein? Das 80-Franken-INOI-Handy hat ein größeres Display als mein iPhone – so groß, dass sogar ältere Menschen mit steifen Fingern es fast ohne Probleme bedienen können.


Natürlich brauchen sie meist nur die Telefonfunktion, machen hin und wieder ein verwackeltes Bild und senden täglich ein Lebenszeichen per WhatsApp. Damit können sie selbstverständlich nicht mit den Primarschülern auf dem Schulweg mithalten. Man sieht diese in der von den Eltern kopierten typischen Körperhaltung: Das Handy etwa 30 bis 40 cm vom Gesicht entfernt, in der rechten Hand des leicht angewinkelten Arms gehalten. Mit dem Daumen unentwegt wischend, rufen sie ihre täglichen Insta-Rationen oder TikTok-Infusionen fast in Echtzeit ab – und das manchmal sogar auf dem Fahrrad oder E-Trottinett. Respekt, das muss man erst mal können.

 

Im Zombie-Schritt auf die Straße tretend, knapp am Zebrastreifen vorbei, erleben wir sie auf ihrem Schulweg. Zum Glück gibt es noch aufmerksame Autofahrer. Das Quietschen der bremsenden Räder wird kurz mit einem verärgerten Blick quittiert, dann geht es weiter zur Schule. Ich frage mich: Was reden die Kinder eigentlich miteinander? Reden sie noch miteinander – oder kommunizieren sie schon über das Handy? Ob an der örtlichen Schule ein Handyverbot herrscht, weiß ich nicht. Ich würde mir wünschen, dass sie sich dort wenigstens dem digitalen Kommunikationsdruck entziehen dürfen.


Ich lasse mir noch eine Tasse Kaffee aus der Maschine und genieße den Gedanken, dass ich um diese Uhrzeit nicht mehr zur Arbeit muss.

„Wäre ich im gleichen Alter wie diese Schulkinder, hätte ich meine Eltern wohl auch so lange bearbeitet, bis ich endlich wotsäpplä, inschtagrämmlä, feiisbücklä, tiktöcklä und guglä mit einem trendy Smartphone hätte.“


Gut, dass mir diese Diskussion mit meinen Kindern erspart blieb. Schon die Forderung nach einem Nintendo mit Super Mario war nervig genug.


Meine Frau nickt – wohl meine stillen Gedanken verstehend.

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