Stell Dir vor
- thomasvonriedt
- 26. Nov.
- 3 Min. Lesezeit

Du und der Schneemann
Stell dir vor…
Es war ein Tag wie kein anderer. Sommer in Südafrika, ja – doch anstatt der erwarteten Hitze fielen glitzernde, hellblaue Schneeflocken lautlos auf das satte Grün des Golfplatzes. Max, unser Golfer, stand am ersten Abschlag, das Eisen locker in der Hand, und beobachtete das surreale Schauspiel. Ein Schlag ins Ungewisse: Wer konnte schon sagen, wie sich ein Golfball in diesem schimmernden Sommer-Schnee verhielt?
Mit einem tiefen Atemzug holte Max aus. Der Ball löste sich vom Tee, stieg elegant in die Luft, wirbelte durch die schwebenden Schneekristalle und tanzte mit ihnen, als gehörten sie zu einer verborgenen Choreografie. Dann landete er weich auf dem Fairway – oder dort, wo unter der blauen Schneeschicht das Fairway liegen musste. Zufrieden schulterte Max sein Bag und stapfte durch das kühle, paradox warm wirkende Weiß weiter.
Am dritten Loch, gleich neben einem von Frost überzogenen Bunker, begegnete er einem höchst ungewöhnlichen Wesen. Ein Schneemann, vollständig ausgestattet mit Karottennase, Zylinder und einem Putter in der Hand, trat aus einer sanften Schneeverwehung hervor. Er nickte Max freundlich zu.
„Willkommen auf meinem Platz“, brummte der Schneemann mit tiefer, überraschend gemütlicher Stimme. „Wie wär’s mit einer Runde? Ich verspreche dir unglaubliche Putts.“
Max, der sich längst in die Absurdität des Moments ergeben hatte, nahm die Herausforderung grinsend an. Und tatsächlich: Während er selbst noch mit der Präzision seiner Schläge rang, versenkte der Schneemann jeden Putt mit einer Leichtigkeit, die selbst gestandene Pros zum Schweigen gebracht hätte. Er schien den Schnee, die Luft und das Grün – oder das Blau – instinktiv zu verstehen.
Schlag um Schlag wanderten sie durch eine märchenhafte Winterlandschaft. Am 18. Loch, dem großen Finale, wartete eine besonders knifflige Aufgabe: Max’ Ball lag gefährlich nah am Rand eines zugefrorenen Teichs. Der einzige Weg zum Grün führte direkt über das spiegelglatte Eis.
„Ein Par hier, und die Schneebienen tanzen“, raunte der Schneemann bedeutungsvoll.
Mit einer Mischung aus Entschlossenheit und leichtem Wahnsinn holte Max aus. Der Ball schoss davon, berührte das Eis, glitt hellklingend über die Fläche und kam schließlich sanft auf dem Grün zum Stehen – direkt neben dem Loch. Mit ruhiger Hand vollendete Max das Kunststück.
Ein zartes Summen ließ die Luft erzittern. Über dem Grün erschienen Dutzende winziger Schneebienen. Ihre durchsichtigen Flügel glitzerten im Licht der winterlichen Sommersonne. Sie tanzten Spiralen und Muster, als wollten sie Max persönlich gratulieren.
Erschöpft, aber glücklich, schlenderte Max gemeinsam mit seinem frostigen Begleiter zum Clubhaus zurück. Dort überraschte der Schneemann erneut: Er bewies eine beeindruckende Trinkfestigkeit. Während die übrigen Golfer ungläubig starrten, leerte er Irish Coffee um Irish Coffee – und blieb dennoch so makellos wie zuvor.
„Die Kälte härtet ab“, schmunzelte er und hob sein Glas. Max prostete ihm lachend zu. „Auf unglaubliche Golfrunden und magische Sommer-Schneetage!“
Draußen fielen weiterhin leuchtend blaue Schneeflocken vom Himmel, und Max wusste, dass er diesen Tag niemals vergessen würde.
Ein lautes Prasseln riss ihn aus seinen Gedanken. Max zuckte zusammen; seine Hände umklammerten das Lenkrad. Verwirrt blinzelte er. Das Clubhaus, der Schneemann, die Schneebienen – alles verschwunden. Stattdessen saß er in seinem Auto, geparkt am Rand des Golfplatzes des Pinnacle Point Golf Club.
Schwere Regentropfen trommelten auf das Dach, und dunkle Wolken zogen dräuend über den Himmel. Ein Traum? Ein Hirngespinst? Max schüttelte den Kopf und musste grinsen. Vielleicht war es nur ein kurzer Mittagsschlaf gewesen. Vielleicht aber auch etwas anderes.
Er startete den Motor und fuhr davon, während der Regen seine letzten Spuren über die Windschutzscheibe jagte.










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