Ohne Schweiss kein Preis
- thomasvonriedt
- 29. Jan.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Feb.

Gewidmet der One More Training GmbH und seinen Trainern
Kennst du die Situation?
Die "Dry January"- oder "Veganuary"-Zeit oder was auch immer sich die Gesundheits-Influencer ausgedacht haben, um den typischen Genuss-Golfer zu peinigen, ist beinahe vorüber.
Der trockene Januar ist kein Problem, aber die vermehrte Zufuhr an Ballaststoffen, die den natürlichen Ausstoß an Methangasen fördert, trägt nicht gerade zur Reduktion des CO₂-Gehalts bei. Ersatzgelüste werden freigesetzt, die sich aber in "Hüftgold" umwandeln könnten. Doch auch diese schwierige Phase weiß der Senior-Golfer zu bewältigen.
Natürlich kann er nicht schon wieder sein angeblich schlechtes Gehör als Entschuldigung vorschieben. Seine liebe Ehefrau wird nicht müde, ihn auf die gesundheitlichen Konsequenzen seines Lebensstils hinzuweisen, also zeigt er ein wenig Interesse für ihre Sorgen. Er betrachtet sich im Spiegel und stellt fest, dass der einst französische Luxuskörper in den letzten Jahrzehnten etwas gelitten hat. Es muss nicht gleich eine Arnie-Figur werden, aber der Bauch und die Hüftpolster sollten irgendwie schmelzen. Das kostet zwar Energie und ein Abonnement im Fitnessstudio, doch dafür spart er die Kosten für neue, größere Bekleidung.
Der Golfer meldet sich also im "Gruselkabinett" der Körper-Trimmer an und vereinbart einen Termin für die erste Besprechung. "Ich dachte, ich soll trainieren und nicht gesundheits-erzieherische Gespräche führen", brummelt er vor sich hin. Ihm graut schon vor der Vorstellung, dass dort nur wohlproportionierte Menschen in aktueller Fitness-Mode über Ernährungserkenntnisse dozieren. Er bereitet sich vor, schlüpft in ein paar alte Sportsocken, ein Adidas-Sportshirt und eine Sporthose. Dann zieht er den billigen Tchibo-Trainingsanzug an, schlüpft in die neulich erstandenen Adiletten. "Du brauchst noch ein Paar Turnschuhe", ruft sie ihm hinterher. "Natürlich, natürlich", murmelt er, packt ein paar gebrauchte Roger Federer-Sneaker ein und macht sich auf den Weg.
"Schön, dich bei uns begrüßen zu dürfen. Was darf ich dir anbieten?" Wäre es nicht morgens um 7:45 Uhr gewesen, hätte er sicher geantwortet: "Ein Bierchen wäre ganz nett." Es wird dann ein isotonisches Getränk mit Waldbeerengeschmack – einen Versuch ist es wert. Und dann geht es los. Bogen um Bogen Fragebogen gilt es gemeinsam auszufüllen. "Wie schwer sind Sie? Nehmen Sie Medikamente, wenn ja, welche und wie viele? Gibt es körperliche Einschränkungen?" Welche meint er denn? "Was ist Ihr Ziel, was möchten Sie bei uns erreichen?" Brav beantwortet er jede Frage und unterschreibt zuletzt die Dokumente sowie die Datenschutzvereinbarung.
Also im Klartext: Es geht darum, die Beweglichkeit und das Balancegefühl zu erhalten, vernachlässigte Muskelpartien zu stärken und somit Schmerzen vorzubeugen. Wenn dann die Muskelmasse zunimmt, erlaube er sich nicht, das Aussehen eines Testosteron-Gorillas anzunehmen. Ein normal gestählter Körper und damit verbunden etwas Gewichtsverlust wären das eigentliche Ziel.
Unser Golfer ist somit entlassen. Per E-Mail erhält er alle Termine, die er mit dem Chef-Folterer vereinbaren kann. Immerhin hat er es geschafft, dass er nie früher als 7:45 Uhr starten muss. Um 9:00 Uhr würde man ihn nach Hause lassen – sofern er die Tortur übersteht.
Am Donnerstag ist es dann so weit. Statt wie üblich in Richtung Golfclub zum Spiel zu fahren, staunt er, wie viele Fahrzeuge aus dem Aargau in Richtung Zürich unterwegs sind. Beim Eintritt in die Trainingshalle, vollgepackt mit "Marterbänken", schlägt ihm bereits der eigentümliche Geruch von Schweiß und alten Socken entgegen. Wer so früh turnt, scheint ungeduscht zu kommen. Eine Person stemmt gerade riesige Gewichte und gibt Laute von sich, die an einen erfolgreichen Orgasmus erinnern. Der Mensch tut sein Bestes, seinen schlanken Körper zu stählen. Etwas weiter hinten quält sich ein korpulenter Mann – das muss der Besitzer des Bentleys sein, der wegen seiner schieren Größe zwei Parkplätze beansprucht.
Und dann ist der Senior-Golfer dran. Er fasst sein Schweißtuch, erhält ein Glas isotonisches Getränk, diesmal mit Kirschgeschmack, nimmt einen Schluck und folgt dem Trainer zum "Affenkasten", bekannt als SensoPro.
Kennst du das Gerät? Falls nicht – es ist die Perfektion des Sadismus. Hier vereinen sich Display, Software, Gummibänder und ein Stahlgerüst zu einer unglaublichen Maschine, die selbst einen fitten Sportler in die Knie zwingt. Man stellt das Golftrainingsprogramm ein – unterste Stufe, wohlgemerkt, beim aktuellen Fitnessstand – und kann gleichzeitig mit den Bewegungen auch den Geist trainieren. Fortlaufend werden Fragen gestellt, wie bei Günther Jauch – nur dass am Ende ein Bravo, aber keine Million winkt.
Die erste Prüfung ist nach sieben Minuten überstanden. Eine Übung hinterlässt bereits ein leichtes Brennen in den Oberschenkeln. Was da wohl noch kommen mag? Der Fantasie der Geräteentwickler sind keine Grenzen gesetzt. Man muss Gewichte mit den Füßen stoßen, mit Hanteln auf dem Rücken liegend die Schultergelenke beinahe auskugeln und mit einem Gummischlauch – erst dem grünen, dann dem blauen – Bewegungen ausführen, die an einen Golfschwung erinnern. Die Pumpe beginnt zu arbeiten, der Schweiß läuft, und der Golfer trägt mit seinem Prada-veredelten Odor zur Raumluft bei. Der Hals wird trocken – gut, dass es Kirschwasser ohne gibt. Dann geht es weiter zum Stepper, um die Wadenmuskeln zu dehnen. 40-mal hoch und runter – das klingt nach wenig, aber spätestens bei 28 beginnen die Waden zu ziehen. Zurück zum Hantelstemmen. "Instant Success" nennt man so etwas – sind die Hanteln leichter geworden? Die 15 beidseitigen Senkbewegungen fühlen sich jedenfalls einfacher an. Auch das Gewicht mit den Beinen zu stoßen, scheint leichter. Erst am Ende bemerkt der Golfer, dass der Trainer heimlich noch Gewicht auf die Maschine gepackt hat. "Das muss so sein" meint er schmunzelnd.
Mittlerweile ist es 8:45 Uhr. "Nur noch 15 Minuten leiden", denkt sich der Golfer, "das werde ich auch überstehen."
Der Personal Trainer, ruhig und genau kontrollierend, hat sich eine weitere Peinigung ausgedacht. "Jetzt machen wir ein paar Übungen mit diesen Seilen. Es geht darum, Bauch- und Gesäßmuskeln zu aktivieren – 15-mal." "Oha lätz", da wurde die Problemzone klar identifiziert und ihr gleich mit dieser Übung der ultimative Krieg erklärt. Nach zehn Bewegungen geht unserem Senior beinahe die Puste aus. Er setzt kurz ab, um dann mit den letzten fünf Zügen das Tages-Soll heftig atmend zu erreichen. Zum Dank gibt es noch ein paar Minuten auf dem Fahrrad – stets mit gleicher Geschwindigkeit und konstantem Puls.
Fast groggy verlässt er die Stätte der Qual, schleppt sich zur Theke, stürzt den letzten Schluck des lebensrettenden Getränks herunter, kleidet sich um und verabschiedet sich mit einem "Ciao zäme" aus der Hightech-Folterstätte. Noch während der Heimfahrt hat er das Gefühl, jeden Moment in den Graben zu fahren – so ausgepumpt fühlt er sich. Seine Gemahlin empfängt ihn mit einem vielsagenden Lächeln. Er haucht kaum "Ich bin wieder da" und sinkt auf die Couch, wo er nach einer guten Stunde wieder erwacht.
Dass sich später Muskelkater einstellen würde, davor wurde er gewarnt. Es war aber kaum der Rede wert – offenbar verfügt sein Körper noch über Reserven aus früheren Zeiten und eine sehr gute Regenerationsfähigkeit.
Ob sich das alles lohnt? Aber sicher! Schon nach dem zweiten Training kann er erste Erfolge verbuchen, und jedes Mal wird es besser. Der Senior-Golfer fühlt sich zunehmend wohler. Seine Hüft- und Knieschmerzen sind noch da, aber deutlich weniger. Die Probleme mit den Rückenwirbeln 4 und 5 sind praktisch verschwunden. Es scheint, als würden das Training und die von der Ehefrau gepriesene gesunde Ernährung sich tatsächlich auszahlen.
So gesehen sind das alles blendende Voraussetzungen für das Golftraining, das er ab März – sofern das Wetter es erlaubt – beginnen wird.









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