La Farigoule - ein provenzalisches Geheimnis
- thomasvonriedt
- 16. Dez.
- 4 Min. Lesezeit

La Bastide-des-Jourdans
Das Restaurant und Hotel „Le Cheval Blanc“, (siehe Website I ), in La Bastide-des-Jourdans kennt man selbst in der Provence nicht auf Anhieb – ein echter Geheimtipp. Und ebenso unscheinbar ist der wenige Fahrminuten entfernte Golfplatz des Golf Club du Luberon (siehe Website II) er sich sanft in die Hügellandschaft schmiegt.
Im Sommer 2023 führte mich mein Weg dorthin, als ich – von Grambois aus – die schönsten Märkte, Golfplätze und Restaurants des Luberon erkundete. Ein Name fehlte noch auf meiner Liste: das „Cheval Blanc“.
Auf der Fahrt dorthin lag ein feiner Duft in der Luft. Wilde Lavendelfelder säumten die Strasse, ihr Violett schimmerte im Abendlicht. Dazwischen wuchsen der Thymian, Rosmarin und die Kamille, und ihr herb-würziges Aroma verband sich mit der warmen Luft der Provence.
Der Boden hier – ockerfarben, trocken, durchzogen von Kalkstein – ist karg und zugleich fruchtbar. Ein Nährboden, auf dem alles wächst, was Geschmack hat.
Ein Blick in die Geschichte
La Bastide-des-Jourdans wurde im 13. Jahrhundert von zwei Rittern gegründet, deren Burg heute nur noch als Ruine sichtbar ist. Der Ort lag einst strategisch günstig an der Handelsstrasse zwischen Forcalquier und Aix-en-Provence.
Im 18. Jahrhundert brachte die Seidenraupenzucht Wohlstand, später folgte eine kleine Textilindustrie. Doch mit der Industrialisierung kam die Abwanderung. Das Dorf verlor an Bedeutung – und an Bewohnern. Heute leben hier wieder über 1.800 Menschen. Junge Familien, Künstler und Aussteiger entdecken den Ort neu. Der Tourismus ist sanft, die Küche ehrlich.
Und mittendrin: das Cheval Blanc – ein Gasthof mit Seele und einem Koch, der den Geschmack der Provence auf den Teller bringt.
Ein Tipp aus erster Hand
Den entscheidenden Hinweis erhielt ich von einem Weinhändler aus Pertuis, der selbst aus La Bastide stammt und die Winzerfamilie de Stehelin kennt – bekannt für ihren Château Mont Thabor Illuminé (weiss, rosé, rot). Ein Wein, der Charakter und Tiefe besitzt, wie die Landschaft selbst. Nach einem ausführlichen Gespräch, drei Probeschlucken und zwei Kartons später empfahl mir der Händler:
„Gehen Sie ins Cheval Blanc. Bestellen Sie bei Laurent Pin – und lassen Sie sich überraschen.“
Ich tat, wie mir geheissen.
Ein Sommerabend im „Cheval Blanc“
Monsieur Thomas (mein französischer Alias, da mein Familienname dort niemand aussprechen kann) reservierte für Frau, Tochter und mich einen Tisch auf der Terrasse. Der Abend war warm, der Himmel rosa, die Stimmung erwartungsvoll.
Hinter uns sass ein einzelner Gast, ein älterer Herr mit einer Flasche – natürlich – Mont Thabor. Ich sprach ihn an. Nach ein paar Sätzen in charmantem Französisch mit britischem Akzent wechselten wir ins Englische.
Meine Damen verdrehten die Augen – „Jetzt diskutiert er sicher wieder über Wein!“ – und vertieften sich in die Menükarte.
Der Fremde lobte die Küche, den Wein und vor allem die Gastfreundschaft in den höchsten Tönen. „Ein Ort, den man nicht vergisst“, sagte er – und er hatte recht.
Das Menü war leicht, aromatisch, perfekt abgestimmt. Der Wein floss, das Gespräch ebenso.
Doch die wahre Überraschung kam erst mit dem Digestif.
La Farigoule
Wie andernorts Grappa oder Limoncello, wird hier ein lokaler Likör gereicht: La Farigoule – Thymianlikör aus Forcalquier.
Ein klarer, goldschimmernder Tropfen mit einem Duft, der nach Sonne, Kräutern und Sommerabenden riecht.
„La… was?“, fragte ich den Wirt. Laurent Pin lachte und erklärte: „Farigoule heisst Thymian im provenzalischen Dialekt.“
Er habe ein paar Liter selbst angesetzt – aus wildem Thymian, Zucker und Obstbrand. Nur für seine Gäste.
Das Getränk war ein Erlebnis: süss, kräuterig, mit einer feinen Bitternote, die lange am Gaumen blieb.
Ein Stück Provence in flüssiger Form.
Sein Rezept blieb ein Geheimnis, und keine Flasche wechselte den Besitzer. Zurück in der Schweiz machte ich mich auf die Suche – und fand nach einiger Zeit ein Rezept, das dem Original erstaunlich nahekommt.
Für die Freunde provenzalischer Genüsse
Wer die Küche der Provence liebt, wird diesen Likör verehren. Er passt ideal als Digestif nach:
· Gigot au Thym Provençale – Lammkeule mit Kräutern der Provence
· Poulet au Thym, miel et ail – Huhn mit Thymian, Honig und Knoblauch
· Soupe de Pêches au Thym citron – Pfirsichsuppe mit Zitronenthymian
Dazu ein Glas Mont Thabor oder ein eleganter Luberon-Weisswein – und das Glück ist vollkommen.
Rezept
Zutaten:
· 1 Liter Obstbrand (L’alcool pour fruits, neutral, 40 %, z. B. Noirot, Voiron)
· 100 g frischer Thymian (zur Blütezeit geerntet, Juni–September/Oktober)
· 50–200 g Zucker
· 0,5 Liter Wasser
*Ich verwende den wilden Thymian von der Oberen Alp.
Zubereitung:
Mazerieren: Thymian 15 Tage im Obstbrand ziehen lassen. Nach Geschmack länger. Dann filtern.
Sirup kochen: Zucker im Wasser langsam auflösen, leicht köcheln lassen, bis der Sirup perlt.
Mischen: Sirup zur Thymian-Alkohol-Mischung geben und gründlich verrühren.
Reifen: In Flaschen füllen, kühl lagern und mehrere Monate ruhen lassen.
Servieren: Gut gekühlt – am besten in lauer Sommernacht, in guter Gesellschaft.
Ein Versprechen
Ich kehre zurück in den Luberon. Das Versprechen habe ich 2024 eingelöst und 2025 nochmals erneuert.
Den Farigoule habe ich gefunden und gekauft. Ein Besuch der Destillerie & Domaine de Provence in Forqualquier (siehe Website III) lohnt sich. Die Firma Paul Ullrich in Münchenstein BL führte einige der Produkte an Lager.










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