Fred, der Golf-Cyborg
- thomasvonriedt
- 26. Nov.
- 3 Min. Lesezeit

Fred, 38 Jahre alt und Ingenieur für Robotik und IT-Technologien, war schon als kleiner Junge von Science-Fiction fasziniert. Die Vorstellung futuristischer Welten und technischer Wunderwerke prägte ihn seit frühester Kindheit. Heute liebt er seinen Beruf – so sehr, dass er oft bis spät in die Nacht im Büro bleibt. Als Ausgleich zur geistigen Arbeit und um körperlich fit zu bleiben, spielt Fred leidenschaftlich gerne Golf.
In seinem Golfklub ist er bekannt für sein Engagement und sein Fachwissen – und dafür, dass er immer bereit ist, einzuspringen, wenn jemand für die Mannschaft ausfällt. Mit eiserner Disziplin übt er selbst schwierige Schläge aus unvorteilhaften Positionen. Seine Mitspieler schätzen seine Entschlossenheit und seine ruhige Art – doch eines fällt immer wieder auf: Fred marschiert über die Spielbahnen wie ein Gardeoffizier. Für seine etwas gemütlicheren, rundlicheren Kollegen ist dieses Tempo bisweilen eine echte Herausforderung.
An diesem angenehm milden Tag war Fred wieder einmal auf dem Platz. Ein leichter Wind wehte, und alles deutete darauf hin, dass er die 18 Löcher in weniger als vier Stunden absolvieren würde – genug Zeit also für ein kühles Getränk im Clubrestaurant, einen Plausch mit Kollegen und vielleicht einen kleinen Flirt mit der charmanten Bedienung.
Am Abschlag von Loch 3 bereitete sich Fred gemeinsam mit seinen Mitspielern vor. Plötzlich hallte von der Nachbarbahn ein lautes „Fore!“ herüber – ein misslungener Abschlag. Ein Ball prallte mit heftigem Knacken gegen ein paar Bäume links von Fred, bevor er schliesslich zum Stillstand kam. Dann kehrte wieder Ruhe ein.
Nun war Fred an der Reihe. Ein Eisen 7 würde genügen, um den Ball nah ans Green zu bringen. Mit einem präzisen Schlag traf er den Sweet Spot seines Schlägers, das weisse Tee zersplitterte und fiel zu Boden. Zufrieden beobachtete Fred den geraden Flug des Balls – bis plötzlich, wie aus dem Nichts, ein weiterer Golfball erschien und ihn mitten an der Stirn traf. Das „Fore!“ kam diesmal zu spät. Fred brach zusammen, Blut sickerte aus seiner Stirn, und er verlor das Bewusstsein.
Seine Mitspieler eilten herbei, versuchten ihn aufzuwecken, und einer rannte los, um das Sekretariat zu alarmieren. Während die anderen sich um Fred kümmerten, bemerkten sie etwas Merkwürdiges: Trotz des Unfalls lächelte er.
Warum nur?
Denn Fred erlebte in diesem Moment eine seltsame Transformation. Er fühlte, wie sich ein Exosuit um seinen Körper legte, ihm übermenschliche Stärke verlieh und ihn mühelos über den Platz gleiten liess. Seine Hände verwandelten sich in metallische Greifwerkzeuge, unterstützt von elektrisch angetriebenen Gelenken. Seine Beine wurden zu einem stabilen Fahrgestell mit Rädern, und eine integrierte Schublade für Tees und Bälle vervollständigte die Ausrüstung. Hinten dockte sein E-Caddy an, während Laseraugen die Bahn scannen, Entfernungen messen und verlorene Bälle sofort orten.
Fred war nun ein Golf-Cyborg – der erste seiner Art. In seinem Speicher befanden sich alle Golfplätze der Welt, und ein Algorithmus berechnete für jeden Schlag den optimalen Schläger. „Fore!“ rief er nicht mehr selbst – das übernahm ein eingebauter Lautsprecher.
Mit unermüdlicher Präzision und neuer Energie rollte Fred über den Platz, Schlag um Schlag, als wäre er auf dem Weg zu einem Platzrekord. Doch plötzlich zog ein Unwetter auf. Heftiger Regen setzte ein, und Freds Räder begannen, im Schlamm zu versinken. Am steilen Anstieg zu Loch 18 drehten sie durch – sein massiver Cyborg-Körper war zu schwer. Nach mehreren vergeblichen Versuchen kippte Fred zur Seite. Wasser strömte in seine mechanischen Teile, und er spürte, wie seine Schaltkreise versagten. Schliesslich war er nur ein Prototyp – und nicht für schlechtes Wetter gebaut.
Mit letzter Kraft wischte er sich über die metallene Stirn, als plötzlich Stimmen durch den Regen drangen:
„Fred, bist du wach?“ Einer seiner Mitspieler kniete neben ihm und tupfte das Blut von seiner Stirn.
„Bleib liegen, der Sanitäter ist schon unterwegs. Du warst kurz bewusstlos – und hast irgendwas von Evolution gemurmelt. Aber keine Sorge, es sieht so aus, als wäre es nur eine Platzwunde. Ein paar Stiche, dann ist das erledigt.“
Fred kam rasch wieder zu sich – dank seiner robusten Gesundheit. Nur eine kleine Narbe auf der Stirn erinnerte ihn später an den Vorfall. Doch etwas hatte sich verändert: Seit diesem Tag stürmte Fred nicht mehr wie ein Offizier über den Golfplatz. Er spielte nun ruhiger, gelassener – als hätte er tatsächlich ein Stück Weisheit aus der Zukunft mitgebracht.
Liebe Golfer, nehmt es also gelassen beim Spiel.










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