Die Farben der Fantasie
- thomasvonriedt
- 24. Jan.
- 3 Min. Lesezeit

Harald Nägeli, der Sprayer von Zürich, wurde erst verdammt, dann hochgelobt. Thomas und Tommy nahm niemand wirklich ernst, dabei hegten sie nur gute Absichten.
Thomas, Büm Kelemen und die Farben der Fantasie
In einem kleinen Viertel voller grauer Häuser und akkurater Gärten lebte Thomas, ein Junge mit mehr Fantasie als der Rest der Nachbarschaft zusammen. Sein bester Freund Tommy und er waren unzertrennlich. Doch wer Thomas wirklich verstand, war sein unsichtbarer Freund Büm Kelemen, ein Wesen aus purer Vorstellungskraft.
Eines Nachmittags saßen Thomas und Tommy gelangweilt auf der Treppe vor dem Haus. Die Stufen waren kalt und grau – viel zu langweilig für die beiden Freunde. „Die Treppe braucht Leben“, sagte Thomas und grinste. „Wir machen Kunst daraus!“ Tommy nickte begeistert, und Büm Kelemen, der immer in der Nähe war, schien in der Luft zu schmunzeln.
Das Farben-Chaos
Thomas wusste genau, wo er Farben finden konnte. Im Schuppen lagerten alte Dosen mit oranger Farbe, die längst verboten war, aber noch niemand weggeräumt hatte. Mit Pinseln und Händen bewaffnet, machten sie sich ans Werk. Bald leuchteten die grauen Stufen in strahlendem Orange, bedeckt mit kindlichen Strichmännchen, die alle fröhlich winkten. Die Treppe wurde ein Meisterwerk voller Leben und Lachen.
Doch die beiden Freunde machten nicht nur die Treppe lebendiger. Ein Ball landete im Rosenbeet, und bevor sie ihn herausholten, hatten sie aus Versehen rote Streifen an die Wand gemalt. Es war ein heilloses Durcheinander, aber für Thomas fühlte sich alles genau richtig an – als ob die Welt endlich zu ihm passte.
Giger entdeckt das Chaos
Während sie lachend ihr Werk betrachteten, tauchte der Hauswart Giger auf. Sein grimmiges Gesicht verfinsterte sich sofort. „Max und Moritz!“, rief er wütend, was bei den Jungen nur noch mehr Lachen auslöste. „Was habt ihr wieder angestellt? Das ist doch kein Spielplatz!“
Giger schimpfte und gestikulierte, doch Thomas blieb gelassen. „Es ist Kunst“, sagte er mit unschuldigen Augen, während Büm Kelemen, unsichtbar, für alle außer Thomas, ihm ein siegessicheres Nicken gab. Am Abend, als Giger sich beschwert hatte, rief Thomas’ Vater ihn ins Wohnzimmer. „Thomas“, sagte er mit einem ernsten Gesicht, das von einem kaum verborgenen Lächeln begleitet wurde, „du hast eine große Fantasie. Aber nicht jeder versteht sie. Frag lieber, bevor du Dinge veränderst.“ Thomas nickte widerwillig. Er wusste, dass sein Vater recht hatte.
Das Flüstern der Fantasie
In der Nacht, als Thomas in seinem Bett lag, spürte er die sanfte Gegenwart von Büm Kelemen. „Habe ich zu viel gemacht?“, fragte er leise. Büm Kelemen lächelte, eine Geste, die nur Thomas sehen konnte. „Fantasie ist niemals zu viel. Aber manchmal musst du die Welt verstehen, bevor du sie veränderst.“
Die Worte seines unsichtbaren Freundes begleiteten Thomas in den Schlaf, und in seinen Träumen war die Treppe noch immer orange, die Wände leuchteten, und die Strichmännchen winkten ihm zu.
Der Geist bleibt lebendig
Die Jahre vergingen, und Thomas wuchs heran. Büm Kelemen verschwand eines Tages, leise und ohne Abschied, wie unsichtbare Freunde es tun. Doch als Thomas selbst Vater wurde, hörte er eines Tages das Lachen seines Sohnes und sah die bunten Kritzeleien an der Garagenwand.
Er lächelte und fragte leise: „Büm Kelemen, bist du das?“ Vielleicht war er es, vielleicht auch nicht. Doch eines wusste Thomas sicher: Fantasie ist ein Freund, der nie wirklich geht – sie bleibt, um die Welt immer ein bisschen bunter zu machen.
In einer Welt, die oft grau und streng ist, sind es die kindlichen Träume und die Freiheit der Fantasie, die sie erhellen. Thomas wusste das – und er würde nie zulassen, dass diese Farben verloren gehen.
Mehr als 60 Jahre später trafen sich Thomas und Tommy wieder und sie freuen sich immer noch über den gelungenen Streich, was heute als Guerilla Grafitti Kunst wohl gewertet würde.









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