Das Wunder von Bern 2.0
- thomasvonriedt
- 26. Nov.
- 6 Min. Lesezeit

und wie Wilhelm Well zum Titel beitrug.
Zu Hause bei Christoph Blocher
«Das isch en cheibe Seich» rief völlig verärgert Christoph Blocher und war ausser sich vor Wut die Kaffeetasse an die Wand und traf beinahe sein Wilhelm Tell von Ferdinand Hodler. Für einmal waren sich die Politkontrahenten Blocher und Jean Ziegler einig. So kann es im Schweizer Fussball nicht weitergehen, da verlieren wir sogar gegen Andorra, zwar nur 1:0 und laut Kommentar Bernhard Thurnherr «schön gespielt» aber es fehlt die Effizienz vor dem Tor.
«Eh bien, was machen wir nun, cher Christoph» fragte Jean und drehte seinen Kugelschreiber in der Hand herum. «Ja, dä Murer Ueli muess jetzt würkli dä Finger use näh, susch mached mir än Aatrag und d’Calmy-Rey soll verantwortlich wärde, was meinsch». «Bon, je crois, damit wäri si praktisch politisch erledigt, s’ isch doch das wott du wotsch, oder? Nein, ich denke wir sollten uns auf unsere Stärken und Traditionen besinnen. Uns fehlen Typen wie Ueli Rotach, der Winkelried oder Wilhelm Tell den du beinahe abgeschossen hast. Christoph du hast doch gute Beziehungen nach oben, vielleicht müsstest du mal die Möglichkeiten ausloten».
Die beiden Politiker trennten sich als echte Fussballfreunde. Auf der politischen Bühne würden sie sich bald wieder bekämpfen – aber heute zählte nur der Fussball
Am Abend, als Christoph Blocher im ehelichen Bett lag, liess er sich wie gewohnt von seiner Frau Silvia (mit 2 x i) beraten. Zu seiner Überraschung unterstützte sie die Idee von Intimfeind Jean Ziegler – und empfahl ihm, sein Abendgebet entsprechend anzupassen.
Ein göttlicher Auftrag
Es war ein verregneter Abend in den Schweizer Alpen, als sich ein seltsames Phänomen ereignete. Ein Blitz zuckte über den Himmel, und in einem grellen Lichtschein erschien – in voller Montur – Wilhelm Tell, der legendäre Armbrustschütze. Verwirrt sah er sich um, seine Hände umklammerten noch immer seine Armbrust. Doch anstatt auf den tyrannischen Gessler zu treffen, fand er sich in der modernen Schweiz des Jahres 2025 wieder.
Wilhelm schüttelte etwas verwundert seinen Kopf. Da hatte ihm doch des Herrn Türwächter und Assistent Petrus von seiner Wolke geholt und ihm den Auftrag erteilt, auf die Welt zurückzukehren und seinem Land nochmals zu dienen. «Tell» hatte der heilige gesprochen «dein Land braucht dich. Du sollst Tore schiessen, das ist wie den Apfel zu treffen». Wenn er dann mal unten sei, könnte er sich zum Training bei den Grasshoppers melden.
Tell wird Fussballer
So begab sich Wilhelm Tell nach Niederhasli, nachdem er erfolglos den Hardturm gesucht hatte und meldete sich bei Hanspeter Latour. «Aha dir siit Innerschwiizer, ja die si wenigschtens kei Grännicheibe, ja ich cha än guete Schtürmer bruuche». Willi wie sie ihn fortan nannten, zeigte grosses Talent und vor allem Disziplin. Schon nach zwei Wochen erhielt er die Einladung in der ersten Mannschaft zu spielen. Das war auch bitter notwendig, denn der Glanz des Rekordmeisters war am Abblättern und die Hoppers brauchten dringend Punkte. Willis Effizienz und Präzision erwies sich als ausserirdisch, die Hoppers kämpften aus der Krise und waren nur noch 1 Punkt hinter dem Lokalrivalen FCZ. Noch ein paar Siege und der Finanzchef dürfte schon mit willkommenen Einnahmen aus dem Topf der UEFA freuen.
Am Samstag, 16.30 h, Anpfiff im Letzigrund, Auswärtsmatch. Die gigantische Choreo der Südkurvenfans befeuerte das Spiel. Willi lief locker ins Stadion, im gelb/blauen Away-Trikot, schnürte sich nochmals seine Stiefel und machte sich an seine Aufgabe. Bereits nach 35 Minuten führten die Hoppers mit 1:0. In der Schlussphase hämmerte Wilhelm Tell noch 2 Treffer ins Netz, die FCZ’ler fanden nicht mehr ins Spiel. 3:0 lautete das Schlussresultat.
Die sonst kampfbereiten Südkurvenfans fanden keine Kraft mehr für ihre traditionellen Strassenschlachten. Wie geprügelte Hunde schlichen sie nach Hause.
Murat Yakin ruft
Wilhelm Tells Talent blieb jedoch nicht lange unbemerkt. Nationalmannschaft Trainer Murat Yakin, suchte händeringend nach einem eiskalten Vollstrecker für das Sturmzentrum, er erkannte das Potenzial des Armbrusthelden.
“Wenn einer einen Apfel auf dem Kopf seines Sohnes treffen konnte, dann trifft er auch ins Netz!” Pier Luigi Tami nickte anerkennend, er kannte ja die ungewöhnlichen Entscheidungen des immer so lockeren Trainers. Wilhelm Tell wurde mit seinem grauen Bart und der urtümlichen Ausstrahlung in die Schweizer Fußballnationalmannschaft geholt.
Nach einem kurzen Schmunzeln gewöhnten sich seine Mitspieler an ihren knorrigen Kollegen, verzichteten aber auf die üblichen blöden Sprüche. Schliesslich schoss er im Training jeden Freistoss unhaltbar ins Kreuzeck.
Mit Tell an der Spitze qualifizierte sich die Schweiz souverän für die Heim-WM. Der Höhepunkt der Qualifikation war der Kunstschuss Tells zum 2:1 über die Österreicher – sehr zur Verzweiflung des Trainer Gesslers der sein Käppi anknabberte.
Das Turnier der Legenden
Die Schweiz hatte sich seit längerem auf die Weltmeisterschaft vorbereitet, politisch, sportlich, und versprach sich grossen Gewinn für die Wirtschaft und den Tourismus. Das Zeil war klar: Finale! Wie gerne hätten die Zürcher Spieler der Mannschaft in Zürich statt in Bern gespielt, die Stadt konnte sich leider immer noch nicht gegen die Berufsrekurrenten der linken Szene durchsetzen, und so wurde das Wankdorf wieder zum Treffpunkt für das Finale.
Die Schweiz kämpfte sich mit Tell als zurückhängende Stürmer durch das Turnier. Seine Schüsse waren so präzise, dass Torhüter oft nicht einmal reagieren konnten. Kommentatoren begannen, seine Abschlüsse mit Pfeilen zu vergleichen, die unaufhaltsam ihr Ziel fanden. Der Titel des Kanoniers vom Dienst, Bester des Turniers, lag greifbar nahe.
Dann kam das grosse Finale: Schweiz gegen Deutschland.
Deutschland hatte einen starken Trumpf im Ärmel. Der Trainer, Julian Nagelsmann, mit einer Zeitmaschine ausgestattet, holte sich August den Starken, den sächsischen Kurfürsten und bekanntesten Hünen seiner Zeit, als Innenverteidiger ins Team. Die deutsche Defensive galt als unüberwindbar. Kampfkraft gegen Präzision. Der Fels aus Sachsen räumte alles aus dem Weg, was in den Strafraum kam, und verhalf der deutschen Elf zum ungefährdeten Finaleinzug.
Das Endspiel: Treffsicherheit gegen rohe Kraft
Der Tag zeigte sich von seiner besten Seite. Wolkenloser blauer Himmel und strahlende Sonne begleiteten die Spieler ins Stadion. Eine grosse Anhängerschaft der Deutschen unterstützte lautstark ihre Elf und war felsenfest vom logischen Sieg über die kleinen Nachbarn überzeugt.
Auf der Tribüne sahen Micheline Calmy-Rey, Christoph Blocher und Jean Ziegler von Beginn weg zwei voll konzentrierte Mannschaften. Die Schweizer, als langsame Starter bekannt, zeigten einige Unkonzentriertheiten, die der Panther vom Lugano, Mario Prosperi, ausbügelte. Dann waren da noch im Mittelfeld Köbi Kuhn, mit Blättler und dem Odermättli aus Basel. Ein magistrales Trio, das dem deutschen Mittelfeld enorm Mühe bereitete und die raschen Vorstösse des Gegners rigoros unterbanden
Die Deutschen gingen früh durch einen Treffer von Kai Havertz in Führung. Der Pass, einmal mehr vom Kaiser persönlich in die Tiefe gespielt und im vollen Lauf von Hawertz übernommen, der dem Schweizer Torhüter keine Chance liess. 1:0.
Murat Yakin schaute betroffen drein und gestikulierte wild mit den Armen, um seine Mannen nach vorn zu treiben. Die jungen Stürmer der Schweiz, Rubén Vargas, Manzambi und Ndoye waren aktiv, aber ohne Durchschlagskraft. Etwas zurückgestaffelt bot sich Wilhelm Tell stets an und lief in die freien Räume. Die Walz von der Pfalz: Briegel und August der Starke schlossen immer wieder mit Körpereinsatz die Lücken und verunmöglichten nahezu das Durchdringen des Abwehrriegels der Deutschen Elf.
Doch dann kam der Moment des Tells. In der 38. Minute servierte ihm Köbi National den Ball punktgenau an der Strafraumgrenze, Tell visierte das Eck an und schoss mit dem linken Fuss zu jedermanns Überraschung – unhaltbar für Manuel Neuer. 1:1! Die Deutschen wirkten für einen Moment geschockt. Dann wirbelten Florian Wirtz und Musiala, mit unglaublicher Geschwindigkeit und Wendigkeit die Schweizer Abwehr durcheinander. Die Abwehr stand bombensicher.
Keine Eier?
Nach der Pause tobte ein epischer Zweikampf zwischen Tell und August dem Starken. Immer hatte der kräftige Sachse seine Füsse dazwischen. Im Kopfballduell war ihm kaum beizukommen. Hochmut liess ihn zu Sticheleien und Provokationen verleiten
Wieder einmal blockte der Kurfürst einen Schuss Tells mit seiner Brust und lachte nur. “Das soll alles sein, Tell, keine Eier?” Doch Wilhelm war kein Mann der Worte und er zeigte keine Regung. Er hatte seinen Plan, er wusste wie man die grosskotzigen Herren zu bedienen hatte, sein Moment würde kommen – und der kam mit den 15 Schlussminuten der Schweiz
In der 75. Minute bediente ihn Odermatt mit einem genialen Steilpass. August kam angerauscht wie ein Leopard-Panzer, im Bruchteil einer Sekunde lobte Tell den Ball mit einer eleganten Bewegung über ihn hinweg, umging den Sachsen mit einer eleganten Körpertäuschung und zog anschliessend mit dem rechten Fuss aus 25 Metern ab – 2:1 für die Schweiz!
August wusste nicht, wie ihm geschah, und stand immer noch an derselben Stelle, wie eingefroren.
Deutschland warf nun alles nach vorn, ohne Erfolg. In der Nachspielzeit, es mussten noch 5 Minuten nachgespielt werden, versuchte es Tell noch einmal. Sein Lauf war nicht zu stoppen, August grätschte sich weit aus dem Spiel, und mit einer Leichtigkeit, als schösse er den Apfel vom Kopf seines Sohnes, zirkelte Willi Tell den Ball ins rechte Kreuzeck. 3:1! Manuel Neuer dachte an Rücktritt.
Ein Wunder, das Zweite nach 1954.
Die Schweiz war Weltmeister, und Wilhelm Tell wurde zum Helden der modernen Zeit. Auf der Tribüne fielen sich Christoph Blocher und Jean Ziegler um den Hals, ein Moment, den sich der Reporter des Blicks nicht entgehen liess. Jean drückte Christoph einen freundschaftlichen Kuss auf die Wange. Die Blick-Schlagzeile vom Montag war gesichert.
«Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen» sangen die Schweizer Zuschauer den abziehenden Deutschen zu. Die Nation hat dank des Fussballsiegs wieder zu gesundem Selbstbewusstsein gefunden. Beni Thurnherr, mit dem Mikrofon in der Hand, sammelte Stimmen und Meinungen und suchte nach Wilhelm Tell.
Komisch, nach der Siegesfeier verschwand Tell so plötzlich, wie er gekommen war – zurück in die Vergangenheit, um vielleicht in einer anderen Rolle erneut Geschichte zu schreiben.
Sein Name wird für immer in den Fussballanalen der Schweiz bleiben.










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