Examen Weggen oder Züri Murren
- thomasvonriedt
- 7. Feb.
- 3 Min. Lesezeit

Auf der Suche nach typischen Menüs, Gerichten und Rezepten für Brotwaren stieß ich auf den Begriff „Züri Murren“. Dabei stellte ich fest, dass damit eigentlich der „Examen Weggen“ gemeint ist – jenes Brötchen, das im Kanton Zürich einst am letzten Schultag vor dem Stufenwechsel verteilt wurde. Der Weggen ist mir in bester Erinnerung geblieben – das dazugehörige Zeugnis hingegen weniger.
Der Grund? In einem bestimmten Fach entsprach meine Leistung nicht den Erwartungen meines Vaters, der daraufhin mein Zeugnis in schwarzes Papier einwickelte. Zwar gelang es mir, seine Anforderungen später zu erfüllen, doch den schwarzen Umschlag behielt ich bei – einfach, weil er mich aus der Masse der üblichen, in Packpapier eingeschlagenen Zeugnisse herausstechen ließ.
Zurück zum Examen Weggen.
Meine Kinder sind längst aus der Schule, und ob sie damals in den Genuss dieses feinen Brötchens gekommen sind, weiß ich nicht mehr. Mich erschreckte ein Artikel im Tages-Anzeiger aus dem Jahr 2018: Das beliebte Gebäck wurde kurzerhand „weggespart“wie die Schulmilch. Offenbar wurden Alternativen geschaffen – nur das Schulhaus Leepünt in Dällikon soll den Brauch noch aufrechterhalten. Die Zeiten ändern sich – und mit ihnen die Erwartungen der Schüler.
Bei meiner weiteren Recherche stieß ich auf einen Wikipedia-Eintrag, der besagt, dass der „Züri Murren“ auch als Pain bernois, Zackenweggen oder Spitzweggen bekannt sei. Das geht natürlich gar nicht! Wie kann ein Zürcher Gebäck Pain bernois heißen? Eine Frechheit!
Nachweislich wurde der „Züri Murren“ bereits 1508 in den Zürcher Staatsarchiven erwähnt. Damals dürfte er wohl ein Genussmittel für die vermögenderen Bürger gewesen sein. Eine genauere Beschreibung findet sich erst ab dem späten 19. Jahrhundert, wo er als typische Zürcher Spezialität bezeichnet wird. Im 20. Jahrhundert verbreitete sich der Weggen schließlich in der ganzen Schweiz – wir Zürcher sind ja großzügig! Auch wenn der Begriff „Murren“ zunehmend in Vergessenheit geriet, blieb das Brötli als „Examen Weggen“ über Generationen hinweg ein treuer Begleiter des Zeugnisses an Zürcher Schulen. Heute würde man es in Zürich wohl eher als Roll oder Bun bezeichnen.
Doch wenn es den Examen Weggen heute nicht mehr gibt – woraus bestand er? Und warum schmeckte er so gut?
Ich machte mich auf die Suche nach dem Rezept. Erfolglos. Mit einer Ausnahme: Der Albis Beck in Mettmenstetten, der die Landi und diverse andere Verteiler im Säuliamt beliefert, scheint ihn noch anzubieten. Man könnte ihn sogar online bestellen oder direkt vor Ort kaufen. Auch die Bäckerei Zuckerkuss in Islikon (wo ist das denn überhaupt?) zeigt ein schönes Exemplar eines „Züri Murren“.
Wenn Google versagt, hilft ChatGPT – vielleicht weiß die KI, wie ein Weggen hergestellt wird?
Tatsächlich! Auf meine Anfrage – oder, neudeutsch, meinen „Post“ – „Rezept für Züri Murren, auch Examen Weggen genannt“ lieferte die KI prompt alle Informationen, die ich brauchte. Wenn man weiß, wo man suchen muss, wird es eben einfach. Damit bestätigt sich meine Annahme: Das gesuchte Gebäck ist im Wesentlichen ein Verwandter des klassischen Weggli. Wenn man dann ein Stück Schokolade dazu aß, war es wie Himmel auf Erden.
Die Website schweizerbrot.ch beschreibt es so:
„Eine Besonderheit gibt es in Zürich: Aus dem Weggliteig werden auch Zürcher Murren gebacken. Im Gegensatz zum gespaltenen, runden Weggli (50–60 g) sind Murren meistens etwas größer und länglich-oval geformt. Und statt einer tiefen, mittigen Furche ziert sie eine gezackte Oberfläche.“
Alles klar! Damit kann ich arbeiten. Und ich werde mir den Spaß erlauben, meinen eigenen Examen Weggen für mich zu backen – schließlich weiß ich ja, wie man Brote und Kleingebäck herstellt.
Das Zeugnis für meine Backtätigkeit schreibe ich mir dann gleich selbst.









Kommentare