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Die Fabel vom Golfball und dem Driver

  • thomasvonriedt
  • 17. Dez.
  • 2 Min. Lesezeit
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Gejammert wird viel – und fast immer auf hohem Niveau. Nur: Das Niveau sinkt kontinuierlich. Bald jammern wir also tief unten im Keller, und dann gäbe es tatsächlich Grund dazu.

 

Seit dem 1. August 2025, dem «Geschenk» unseres grossen Freundes aus den USA (der seit Januar 2024 satte 99,3 % aller US-Produkte zollfrei in die Schweiz kippt), klagen wir über unsere Exportmisere. Als ehemaliger CEO weiss ich: Export ist kein Kindergeburtstag. Man ist immer zu teuer, Marktaufbau kostet Geld, und kurzfristig sieht die Erfolgsrechnung mies aus. Aber Nichtstun ist schlimmer: Dann erodiert der Umsatz, die Gewinne verdampfen, die Fachkräfte ziehen ab – und irgendwann steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Wer sich auf Lorbeeren ausruht, fault darauf schneller, als er glaubt. Und nebenbei: Das Handelsdefizit wäre wohl auch etwas ausgeglichener, wenn die USA mehr markttaugliche Produkte im Angebot hätten, statt uns Ramsch zollfrei vor die Tür zu kippen.

 

Stattdessen braucht es: Risikostreuung, Investitionen in Produkte und Menschen, Marktanalysen, solide Finanzierung und ja – auch staatliche Unterstützung, wo sinnvoll. Das ist kein Wellnessprogramm, sondern Knochenarbeit. Aber es schafft Wert, Respekt und letztlich auch Erfolg.

 

Kurz gesagt: Es ist Kopfsache. Beispiele für gelungene Strategien gibt es genug. Was mir fehlt, ist der Mut unserer Medien, das Dauergejammer nicht ständig zu verstärken – und der Mut unserer Politiker, endlich einmal klar und laut für Aufbruch, statt Abstieg einzutreten.

 

Doch vielleicht ist das zu viel verlangt: Wer laut genug jammert, schafft es schliesslich immer in die Schlagzeilen – und das ist für manche schon Erfolg genug.

 

Nachstehend eine kurze Fabel eines Golfballs und eines Drivers.



Ein Titleist Golfball lag glänzend im Gras des Golfplatzes International Golf Links Doonbeg, an der Westküste Irlands und sonnte sich. Er war überzeugt, ohne ihn gäbe es kein Spiel, keine Freude, kein Prestige. »Ich bin das Zentrum des Universums«, murmelte er selbstzufrieden.

 

Der Driver, ein europäischer X-Mike, der neben ihm lehnte, schnaubte. „Ach komm, du rollst doch nur, wenn ich dir einen mitgebe. »Ohne mich bleibst du liegen wie ein alter Kartoffelknödel.»

 

»Und ohne mich«, fauchte der Ball zurück, «wärst du nichts weiter als ein überteuerter Stock. «Man bewundert meine Flüge, nicht deinen Schwung.»

 

Da trat ein Golfer, ein ehemaliger Bundesrat aus der Schweiz, hinzu. Er packte den Driver, schlug den Ball – und der segelte, von der eigenen Wichtigkeit geblendet, kerzengerade in den Wald. Dort blieb er zwischen Brennnesseln und Disteln liegen, während der Driver triumphierend in die Bennington-Tasche zurückkehrte.

 

«Na, wie fühlt es sich an, Zentrum des Universums?», rief der Driver ins Unterholz.

 

Der Ball seufzte: «Manchmal ist es eben nicht die Frage, wer wichtiger ist – sondern, wer am Ende im Rough landet.»

 

Moral: Eitelkeit bringt dich weit – nur selten auf die richtige Bahn.

 

Vielleicht müssten die heutigen Bundesräte Golf oder Hornussen beherrschen, um sich auf dem internationalen Politparkett erfolgreich durchzusetzen.

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